Jürgen Krusche
»Irgendwohin eine Reise zu machen,
ist so erfrischend wie ein Erwachen aus dem Schlaf.
Wandert man in ländlichen Gegenden und den Bergen,
wo da und dort ein Dorf versteckt liegt,
so entdeckt man tausend Dinge,
die das Auge noch nie gesehen hat.«
Yoshida Kenkō
Yoshida, Kenkō, Oscar Benl, Betrachtungen aus der Stille.
Tsurezuregusa (Frankfurt am Main: Insel, 1963), S. 15.
Ich gehe immer wieder gerne durch Städte, vor allem durch mir unbekannte und fremde Städte. Es fühlt sich frisch und lebendig an, dem Unbekannten zu begegnen, nicht zu wissen, wohin der Weg mich führt. Ich bin wach, schaue, höre, rieche; tauche ein in eine Atmosphäre des Unbekannten.
Auch Dingen begegne ich dort: kleinen und grossen, schönen und hässlichen, zarten und mächtigen. Wenn mir auf meinen Wegen Dinge auffallen, die irgendwie desolat erscheinen, zerbrochen oder ungeordnet, habe ich das Bedürfnis, sie zu ordnen, zu sortieren, sie instand zu setzen und in eine neue, angemessene Form zu bringen. Es entsteht eine NEGENTROPIC SCULPTURE als Versuch, der allgegenwärtigen Entropie etwas entgegenzusetzen.
NEGENTROPIC SCULPTURES realisiere ich seit 2013 in den Städten, in denen ich unterwegs bin. Ich versuche, das Unbeachtete zu beachten, die kleinen Dinge wahrzunehmen und ihnen – falls möglich – zu einer neuen Ordnung zu verhelfen. Ohne Dramatik, von kurzer Dauer. Diese Interventionen sind weder nachhaltig noch sinnvoll. Es sind kleine skulpturale Eingriffe und als solche der vergebliche Versuch, Ordnung in die Welt zu bringen.
Auf diese Weise unterwegs zu sein — egal wohin —, mit offenen Augen und Ohren, das wünsche ich dir liebe Johanna auf deiner weiteren Reise. Und vielleicht hast auch du Lust, hier oder da etwas Ordnung in die Welt zu bringen.