Peter F. N. Hörz
»… j’ai dit souvent que tout le malheur des hommes vient d’une seule chose,
qui est de ne pas savoir demeurer en repos, dans une chambre.«
(Pascal 1701, 134)
Blaise Pascal (1623–1662), französischer Philosoph, Mathematiker
und Unternehmer, Mitbegründer der ›carrosses à cinq sols‹.1
Johanna und die Tram, das Fach und die übersehenen Schienen
»Der städtische Alltag als kulturwissenschaftlicher Forschungsgegenstand ist«, so konstatiert Johanna Rolshoven (1998, 217) vor gut 20 Jahren, »in einigen spannenden Studien untersucht und lokalisiert worden«. Und weiter heißt es: »In die sich hieraus ergebenden Topographien halböffentlicher Orte, die als verdichtete Situationen […] städtische Lebensweisen entziffern helfen, lässt sich die Strassenbahn fraglos einreihen. Als öffentliches Verkehrsmittel, das in Schweizer und ostdeutschen Städten (noch) präsenter ist als in westdeutschen oder französischen, strukturiert und erleichtert sie raumzeitlich die alltägliche Bewegung der Menschen im öffentlichen Raum. Doch sie ist nicht nur technisches Instrument, Hilfsmittel im Sinne einer ›Prothese‹, sondern auch ein affektives Gebilde. Als dergestalt komplexe Entität muss Technik nicht nur als fait total untersucht werden, sondern sie steht, ganz im Sinne von Marcel Mauss, als ›nom métonymique de la société‹. In einer konstruierten Unterscheidung zwischen technischem und sozialem Raum lässt sich die Strassenbahn als eine solche Entität begreifen, die Aufschluss über die Gesellschaft gibt« (217–218).
Was sich in dem als »Skizze« bezeichneten Buchbeitrag an diese eingangs getroffenen Feststellungen anschließt, sind sozial- und technikhistorische Abhandlungen, die den schienengebundenen Verkehr auf der Straße betreffen, Überlegungen zur kulturwissenschaftlichen Verortung des raum-zeitlichen Phänomens ›Tramfahrt‹ im Gefüge der Stadt, Bemerkungen zur männlich dominierten Begeisterung für alte und neue Straßenbahnfahrzeuge, zur grauen Literatur der Schienennostalgiker*innen, zu dem sich seinerzeit bereits anbahnenden comeback des ehedem als altmodisch bezeichneten Verkehrsmittels und zum Verhalten der Tram-Passagier*innen in Tramwagen, die sich »zwischen privatem und öffentlichem Stadtraum« (219) situierten.
Damit ist dieser Text in zweierlei Hinsicht bemerkenswert: Zum einen zählt er zu den wenigen Wortmeldungen aus der deutschsprachigen Europäischen Ethnologie, die sich überhaupt auf schienengebundene öffentliche Verkehrsmittel beziehen.2 Zum anderen wird in diesem Text ein Forschungsprogramm umrissen, das bislang in der deutschsprachigen Stadt- und Raumkulturforschung, in Technikkulturforschung und Mobilitätsstudien nicht allzu viel Widerhall gefunden hat — zu Unrecht, wie ich meine!
Dabei ist die tendenzielle Nichtbefassung des Fachs mit Schienenverkehrsmitteln im weiteren und der Tram im engeren Sinne insofern verständlich, als die deutschsprachigen Länder, bei allen Detailunterschieden im Transportwesen, doch Autoländer sind, die ihren Personen- und Frachtverkehr größtenteils auf Straßen abwickeln und ihren Bevölkerungen automobile Freiheit versprechen3. Dies mag begründen helfen, weshalb ethnografische Blicke, die sich auf konkrete Praxen des ›Fortkommens‹ von Menschen und die dafür geschaffenen Fahrzeuge und Infrastrukturen richten, eher den »Fetisch Auto« (Scharfe 1990) oder Automobilmuseen (Salzmann 2016, Tischberger 2016b) fokussieren als schienengebundene öffentliche Verkehrsmittel. Zugleich bleibt die weitgehende Nichtbefassung des Fachs mit Schienenverkehrsmitteln aber auch ein Stück weit unverständlich, denn wiewohl die Daten zum modal split der Verkehrsträger überall auf der Welt darauf verweisen, dass der motorisierte Straßenverkehr die Schiene weit hinter sich gelassen hat4, so zeigen doch regelmäßige Rekordmeldungen über die Reisendenzahlen von Bahnunternehmen in zahlreichen europäischen Ländern, der Boom des Eisenbahn-Hochgeschwindigkeitsverkehrs wie auch die Popularität von Museums- und Nostalgiebahnen und wunderliche Erinnerungsrituale von Schienenenthusiast*innen5, dass der Schienenverkehr erhebliche Mengen von Menschen im doppelten Sinne des Wortes ›bewegt‹. Zudem belegen Kontroversen über schienenverkehrsbezogene Großprojekte6, Kritik an unterlassenen Investitionen in Bahninfrastrukturen7 und Streckenstilllegungen bei Eisen- und Straßenbahnen, Diskussionen über geforderte und tatsächlich durchgeführte Reaktivierungen von Schienenstrecken und Debatten über die Potenziale unterschiedlicher Rad-Schiene-Verkehrssysteme im Kontext von Klimaschutz und (städtischer) Luftreinhaltung, dass die Öffentlichkeit sehr wohl Anteil an dem nimmt, was auf Schienen unterwegs ist, nicht (mehr) unterwegs ist, unterwegs sein könnte oder sollte. Für eine Europäische Ethnologie, die dazu bereit ist, Praxen im und Diskurse um Verkehr, Verkehrspolitik, Verkehrsinfrastrukturen, Stadt- und Regionalplanung8, Möglichkeiten und Grenzen öffentlicher Dienste, Integration und Desintegration im Verkehrswesen als Gegenstände ihrer Aufmerksamkeit zu akzeptieren, bieten sich auf diesem Feld ebenso Ertrag versprechende wie gesellschaftlich relevante Arbeitsfelder! Und dies gilt um so mehr angesichts des Umstands, dass die von Reinhart Köstlin (Bruder des im Fach bekannten und unten noch zitierten Konrad) und Hellmut Wollmann (1987) geforderte »Renaissance der Straßenbahn« in den letzten 25 Jahren in etlichen Städten in Europa, Nordamerika und darüber hinaus verdinglichte Wirklichkeit geworden ist und an immer mehr Orten Rufe nach Erweiterung oder Neuerrichtung von Tramlinien laut werden.
Zurück in die Zukunft? Die Neuentdeckung der Tram
Diese Renaissance ist nicht aus dem Nichts heraus zustande gekommen, sondern Ergebnis mitunter hoch brisanter lokalpolitischer Debatten über Folgen autogerechter Stadtplanung und autozentrischer Verkehrspolitik. Zugleich ist diese Renaissance die praktische Konsequenz aus der sich in den vergangenen vier Jahrzehnten immer mehr durchsetzenden Einsicht, dass das Freiheitssymbol ›Automobil‹ vielerorts vielleicht noch Uterus, immer seltener aber ein »rollender Uterus« (Sloterdijk 1985, Herv. Verf.) sein kann, weil es in überbelasteten Straßen öfter steht als fährt. Da mag es auch sein, dass der Personenkraftwagen auch heute noch als »eine um den Fahrer herumgebaute platonische Höhle« (ebd.) erlebt werden kann, doch wird zunehmend deutlich, dass seine Emissionen und Immissionen, sein Platzbedarf und sein massenhafter Auftritt einem ›guten Leben‹ in der Stadt abträglich ist9 und erheblich zu deren »Unwirtlichkeit« (Mitscherlich 1965) beiträgt. Als Verkehrsträger, die diesem ›guten Leben‹ zuträglich sind, werden Fahrräder und öffentliche Verkehrsmittel verstanden. Für beide verbietet sich die Uterus- oder Höhlen-Metapher von selbst: Radfahrer*innen sind, mangels einer sie umgebenden Blechhaut, nicht nur Wind und Wetter ausgesetzt, sondern auch mit allem, was sie verkörpern, nicht weniger öffentlich unterwegs als Fußgänger*innen. Fahrgäste öffentlicher Verkehrsmittel dagegen befinden sich in einem Gefäß, das zwar vor Witterungseinflüssen schützt, das aber — weil »zwischen privatem und öffentlichem Stadtraum« (Rolshoven 1998, 219) verortet — dazu nötigt, eine »Gemeinschaft der Passagiere in einem liminalen Zustand« zu bilden, »der sie weder hier noch da, weder das eine noch das andere sein läßt« und sie »zu einer Art Communitas« verbindet (Lang 1994, 18). Während das Automobil somit dem nahe kommt, was Erving Goffman (2003, 99–128) als »Hinterbühne« begreift, auf der sich die Fahrenden — insbesondere hinter getöntem Fensterglas — entsprechend verhalten (vielleicht sogar ein Stück weit gehen lassen) können, bilden öffentliche Verkehrsmittel eine »Vorderbühne« (ebd.), auf der sich die Reisenden fragen müssen, ob sie den Erwartungen entsprechen, die die Situation an sie richtet. Stellt man dazu in Rechnung, dass das Auto die Freiheit der Fahrplanunabhängigkeit verspricht, so wird deutlich, dass Instanzen, welche die Bevölkerung zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel bewegen wollen, mehr anbieten müssen als moralische Appelle: Etwas, das dazu einlädt, die Hinterbühne des Automobils zu verlassen, auf die Vorderbühne des öffentlichen Verkehrsmittels zu treten und die Zumutung der Fahrplangebundenheit zu akzeptieren. Neben dem Praxisnutzen öffentlicher Verkehrsmittel, der durch Netzdichte, tägliche Betriebsdauer, leichte Zugänglichkeit, Sicherheit, Pünktlichkeit, Preiswürdigkeit und Fahrplandichte konstituiert wird10, kann dies auch die ›wertige‹ Gestaltung und damit die Erlebnisqualität des Verkehrsmittels sein, wobei zunächst irrelevant bleibt, um welchen Verkehrsträger es sich handelt. Warum also gerade die Straßenbahn, die in Paris bereits vor und in London kurz nach dem Zweiten Weltkrieg zugunsten von Untergrundbahnen und Bussen abgeräumt wurde? Weshalb just die Tram, über die sich mit einigem Recht sagen lässt, sie habe den Zenit ihrer Entwicklung bereits in den 1920er Jahren überschritten (Schott/Klein 1998, 14)?
Die Antwort auf diese Frage liegt in der Entdeckung ihrer ›systemimmanenten Vorteile‹. Vorteile, die sich einerseits im Vergleich zum Individualverkehr, andererseits zu anderen öffentlichen Verkehrsmitteln, also Bahnen in zweiter Ebene (S-Bahn, U-Bahn) und Bussen, ergeben:
♦ Beinahe banal, gleichwohl basal, spricht der geringe Energieaufwand, der für die Bewegung der Fahrzeuge aller Rad-Schiene-Systeme erforderlich ist, überall dort, wo entsprechende Reisenden-Potenziale bedient oder erschlossen werden könn(t)en, grundsätzlich für schienengebundene Verkehrsmittel: Unterwegs auf schmalen stählernen Rädern, die ihrerseits auf schmalen stählernen Laufflächen rollen, laufen Bahnen bei bislang nicht unterbotenem Rollwiderstand.11
♦ Die seit dem frühen 20. Jahrhundert fast ausschließlich elektrisch betriebene Straßenbahn12 fährt dort, wo sie fährt, emissionsfrei13. Im Gegensatz zu den meisten nicht schienengebundenen Landverkehrsmitteln verursacht sie keinen feinstaubträchtigen Reifenabrieb,14 und sieht man davon ab, dass sie bimmelt, ist sie weitgehend frei von Lärmimmissionen15.
♦ Straßenbahnlinien und -netzwerke lassen sich schneller und kostengünstiger anlegen als Bahnen in zweiter Ebene16 (Köstlin, R./Bartsch 1987, 8–10), ermöglichen somit auch mittelgroßen Städten die Einrichtung schienengebundenen Nahverkehrs und Großstädten die flächendeckende Erschließung zentraler wie suburbaner Gebiete. Damit wird die Anlage von Straßenbahnsystemen als weniger segregationsfördernd und im Sinne einer demokratischen Stadtentwicklung ›für alle‹ und alle Teile der Stadt als segensreich begriffen (Coffey/Kuchwalek 1992, 116–117). Hinzu kommt, dass Bahnen, deren »Netze an der Oberfläche mit großem Umfang, dichten Takten und Haltestellennetz aber geringen Baukosten wesentlich stärker genutzt werden […] als die teuren U-Stadtbahnen mit ausgedünntem Streckennetz« (Besier 2002, 40).
♦ Als spurgebundene Verkehrsmittel erlauben Trams die Bildung von ›Zügen‹ (›klassisch‹: ein Triebwagen und ein oder zwei Beiwagen) oder den Einsatz von Großraumfahrzeugen, die ungleich länger sein können als Busse. Damit bieten Straßenbahnen höhere Transportkapazitäten als Busse, so dass bei gleicher Fahrplandichte mehr Menschen (auch Rollstühle und gegebenenfalls Fahrräder) transportiert werden können.
♦ Trams können ihren im Vergleich zu Bahnen in zweiter Ebene zweifellos bestehenden Systemnachteil einer geringeren Fahrgeschwindigkeit durch den Systemvorteil kürzerer Haltestellenabstände kompensieren (Köstlin, R./Bartsch 1987, 17–19). Die Wege vom Ausgangspunkt einer Reisekette zu den Stationen und von den Stationen zum jeweiligen Ziel fallen damit kürzer aus, und es ist kein Auf- oder Abstieg auf eine zweite Ebene erforderlich.
♦ Als schienengebundene Verkehrsmittel können Trams größeren Fahrkomfort bieten als Busse. Sie können, damit ein Stück weit korrespondierend, vom ›Schienenbonus‹17 profitieren und somit mehr Menschen zur Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln motivieren (Besier 2002, 43). Und nicht nur das: Die Straßenbahn hat auch in der Außenwahrnehmung einen Bonus, weil sie im Vergleich zu Bussen als weniger störend im Stadterleben empfunden wird (44) und sogar ein wenig lauter sein darf als dieselben, ehe sie als Belästigung empfunden wird (Boesch 1992, 132).
♦ Anders als der Individualverkehr, der, wenn er nicht gerade stockt, konstant ›fließt‹ und nur durch Vorrichtungen unterbrochen wird, die es dem Langsamverkehr (Fuß-/Radverkehr) erlauben, die Straßen zu queren, erscheint die Straßenbahn in Intervallen, die selbst dann, wenn sie dicht ausfallen, lang genug sind, um dem Langsamverkehr Raum und Zeit zur ›freien‹ Traversierung einer Straße zu geben (Besier 2002, 36–37). Damit können Trams auch durch Straßen geführt werden, die als Fußgänger*innenzonen oder verkehrsberuhigte Bereiche ausgewiesen sind. Mit gewissen Einschränkungen ließe sich dies zwar auch für Busse sagen, im Gegensatz zu diesen ergibt sich jedoch bei der Straßenbahn infolge deutlich sichtbarer Spurführung eine leichter kalkulierbare Gemengelage. Hinzu kommt, dass Straßenbahnen — auf Grund ihrer kleinen Kurvenradien (mancherorts unter 25 Meter) (40) — in hohem Maße ›altstadttauglich‹ sind.
Abbildung 1: ›Altstadttauglich‹: Waren die zu erschließenden Gassen besonders eng, so wie etwa in Lissabon, wurde häufig auf schmalspurige Bahnen zurückgegriffen. Die abenteuerliche Anmutung auf dem Bild trügt übrigens: Die Tram fährt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit exakt im Gleis! (Foto: Verfasser, Juni 2010)
Zumindest moderne Niederflurstraßenbahnen ermöglichen einen barrierefreien Zugang (eintreten statt einsteigen [Besier 2002, 43]), der zwar bei Niederflurbussen theoretisch auch möglich ist, in der Praxis jedoch häufig daran scheitert, dass Busfahrer*innen ihre Fahrzeuge nicht passgenau an Bordsteinkanten oder Bussteige führen (können). Und weil sich die Straßenbahn als spurgeführtes Verkehrsmittel weit weniger individuell als ein Bus steuern lässt, bleibt sie an Haltestellen fast immer dort stehen, wo sie stehen bleiben soll, so dass auch die Leitsysteme für seheingeschränkte Menschen tatsächlich zu einer ihrer Türen führen.
Als schienengebundene Verkehrsmittel fahren Straßenbahnen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dort, wo die Schienen verlaufen.18 Dies bedingt die Möglichkeit zur klaren Einschätzung ihrer Fahrwege, was sich dort als Vorteil erweist, wo der Straßenraum knapp ist und gleichermaßen von Fußgänger*innen, Radfahrer*innen und Automobilen frequentiert wird.
Im Vergleich zu Bahnen in zweiter Ebene bedingt die Straßenbahn keine Unter- oder Überführungen, also keine unterirdischen Gänge und Passagen, die zu Schwachverkehrszeiten oft als ›Angsträume‹ erlebt werden. Als Teil des öffentlichen Raumes sind Tramstationen transparent und unterliegen sozialer Kontrolle — Maßnahmen professionalisierter und technisierter Überwachung sind damit weniger relevant als bei Bahnen in zweiter Ebene.
Sieht man davon ab, dass Themen wie ›Barrierefreiheit‹ oder ›Schienenbonus‹ erst in jüngerer Vergangenheit Bedeutung erlangt haben und die ersten Niederflurbahnen erst Mitte der 1980er Jahre präsentiert worden sind, so sind einige dieser Vorteile im Grundsatz längst bekannt gewesen, als man sie vor gut 40 Jahren erneut zu diskutieren begonnen hat: Denn schon an der Schwelle zu den 1930er Jahre war die Tram in die Defensive geraten — zum einen infolge einer Denkweise, die bestimmt war von Hoffnungen auf Massenmotorisierung, zum anderen infolge der Bedeutungszunahme von Bussen. Und schon damals entspannen sich Kontroversen um Existenzberechtigung und Zukunftsfähigkeit der Straßenbahn. Dies zeigt sich etwa daran, dass sich Otto Blum, Hermann Potthoff und Curt Risch (1942) veranlasst sahen, die Vorzüge der Straßenbahn gegenüber dem Bus — geringer Platzbedarf bei hoher Transportkapazität (42–43), Wirtschaftlichkeit, (50) Emissionsfreiheit und Bequemlichkeit (68) — herauszustellen. Und dies zeigt sich noch deutlicher, wenn die Autoren gegen den Bus sticheln, der als »modern und jugendfrisch« begriffen werde, wohingegen die Tram als »unmodern, rückständig und überaltert« (8) erscheine.19
Tatsächlich wurden für den Bus im Deutschland der Zwischenkriegszeit »deutlich günstigere Rahmenbedingungen als für die Straßenbahn geschaffen«: Befreit von Konzessionsabgaben und einem geringeren Beförderungssteuersatz unterworfen als Bahnen wurde der Busverkehr willentlich begünstigt, was die »Legende vom billigen Busverkehr« (Friedrich 1987) zu etablieren half. Zudem wurde die ehedem uneingeschränkte Vorfahrtsberechtigung der Straßenbahn im Laufe der zunehmend differenzierteren gesetzlichen Regulierung des Straßenverkehrs bis 1934 sukzessive eingeschränkt (Schott/Klein 1998, 15), was die Reisegeschwindigkeit der Tram senkte und nicht ohne Auswirkung auf deren Wahrnehmung in der Öffentlichkeit bleiben konnte. Stellt man über diese gewollten Wettbewerbsverzerrungen und den nicht minder gewollten unter nationalsozialistischer Führung vollendeten Abbau der Vorfahrtsregelungen hinaus in Rechnung, dass Weltwirtschaftskrise, Krieg und Nachkriegszeit ihre je eigenen negativen Auswirkungen auf Investitionen, Infrastruktur, Rollmaterial (ebd.) und Innovationsdynamik hatten, so wird deutlich, weshalb der Verkehrsträger ›Straßenbahn‹ spätestens in den 1960er Jahren antiquiert, überholt und desolat wirken musste. Dass er gleichwohl Krieg und Wiederaufbau überstand und in Westdeutschland erst ab den 1960er Jahren im großen Stil aufs Abstellgleis geführt wurde, liegt daran, dass die Tram in Zeiten der Not schlicht unverzichtbar war. Ihre Tilgung aus den Stadtbildern konnte somit nur eine Frage der Zeit sein — angesichts der Folgen einer Jahrzehnte lang einseitig an Autos, Bussen und Bahnen in zweiter Ebene ausgerichteten Verkehrspolitik20 und –planung21, aber auch die Erinnerung an seine Qualitäten und die Forderung nach Wiederkehr22.
Abbildung 2: Eine Jahrzehnte lang anhaltende straßenbahnfeindliche Verkehrspolitik, Krieg und Nachkriegszeit bedingten, dass die Straßenbahnen in der Bundesrepublik der 1960er Jahre zwar oft pittoresk nicht aber zukunftsfähig erschienen. Gerade in kleineren Städten unterblieben Investitionen in Strecken und Rollmaterial. In Reutlingen etwa — das Bild zeigt einen Straßenbahnzug im heutigen Stadtteil Rommelsbach — verkehrten auch 25 Jahre nach Kriegsende noch Fahrzeuge aus den 1910er und 20er Jahren. Die sukzessive Stilllegung der Bahn bis 1974 wird heute vielfach beklagt.
(Foto: D. Hörz, Sammlung H.&H., März 1970)
« …et la ville est plus belle »
Wiedergekehrt ist die Straßenbahn seit der Eröffnung der Stadtbahn von Edmonton (1978) an zahlreichen Orten23, wobei schon der zunächst unerwartete Erhalt der Straßenbahnbetriebe der DDR nach ›Wende‹ und Wiedervereinigung als Facette der Wiederkehr begriffen werden kann24. Im wahren Wortsinne ›wiedergekehrt‹ hingegen ist ist die Tram als light rail25 in der autogerechten ›Modellstadt‹ Los Angeles (1990), wo ein ausgedehntes Überland-Straßenbahnsystem26 und eine auf die Stadt selbst konzentrierte Tram27 ihren Abschwung schon in der Zwischenkriegszeit erlebt hatten und bis 1963 komplett abgeräumt worden waren (Howard 1980, Post 1989, Walker 1977). Die Tram kehrte wieder als Métro léger in Tunis (1985) und als eine ›Stadt-Land-Bahn‹, die auf Innenstadtstraßen wie auf Eisenbahnstrecken unterwegs ist, in und um Karlsruhe (ab 1992), Saarbrücken (1997) und Åarhus (2017). Sie kehrte zurück als ›klassische‹ Straßenbahn im Westteil von Berlin (1995) und in den Außenbezirken von Paris (1992) und London (2000). Die Münchner Trambahn wurde nach massiven Protesten ›gerettet‹ (Coffey/Kuchwalek 1992, 115) und in Zürich, Basel, Wien, Freiburg und Krakau bewahrt und erweitert.
Abbildung 3: Wiederkehr als Verkehrsmittel, Touristenattraktion und Bereicherung des Erlebniskonsums: Historische Straßenbahn in der Istanbuler Shopping-Meile İstiklal Caddesi. (Foto: Verf., Dezember 2009)
Als ›normale‹ öffentliche Verkehrsmittel und den Erlebniskonsum bereichernde Nostalgiebahnen zogen Trams (wieder) in die Market Street von San Francisco und in die Istanbuler Flaniermeile İstiklal Caddesi ein, und mitunter ließen sich auch Städte, die nie über eine Straßenbahn verfügt hatten, von den Vorzügen des Verkehrsmittels überzeugen, wie das Beispiel Tucson (Arizona) (2014) zeigt. Dabei mögen die lokalpolitischen Debatten, die zur (Wieder-)Einführung der Tram geführt haben, in den einzelnen Städten variieren, im Kern jedoch standen und stehen in diesen Debatten stets das Scheitern autogerechter Stadtplanung, die Wahrnehmung der gesellschaftlichen Kosten des motorisierten Individualverkehrs und die systemimmanenten Vorteile der Straßenbahn (mit) im Raum, so dass die Tram zu einem Symbol für städtische ›Lebensqualität‹, ›alternative‹ Stadtplanung, ›Belebung‹ der Stadtoberfläche und ›nachhaltiges‹ Leben in der Stadt geworden ist28.
Abbildung 4: Integrativer technisch-verkehrsplanerischer und stadtgestalterischer Ansatz: Am Place de la République wo eine zentraler Umsteigepunkt entstand, wurde die Bahn in die als städtebaulich ›heikel‹ empfundene Grünfläche zwischen Théâtre National und Musée Tomi Ungerer eingepasst. Poller markieren Fußgängerüberweg und Begrenzungen für den motorisierten Individualverkehr, auf dem Asphalt aufgebrachte quadratische weiße Markierungen signalisieren, dass hier der Korridor für Motorfahrzeuge verläuft. Unter den Bäumen rechts im Bild befindet sich die Außenbewirtschaftung des Theatercafés. (Foto: Verf., Mai 2019)
Vor diesem Hintergrund ist es stimmig, dass die von der streitbaren Straßenbahn-Befürworterin Catherine Trautmann29 geführte Stadtverwaltung von Straßburg ihren Bürger*innen Anfang der 1990er Jahre im Blick auf die 1994 zu eröffnende neue Straßenbahn vollmundig versprach: »Le tramway — et la ville est plus belle«30. Dennoch konnte dieses Versprechen zum damaligen Zeitpunkt wenig mehr sein, als eine kühne Behauptung, denn die Straßenbahn-Renaissance in Frankreich hatte gerade erst begonnen. Dass die wiedergekehrte Straßburger Straßenbahn schließlich zu einem international beachteten Erfolgsmodell werden sollte, liegt darin begründet, dass hier ein weiterer Systemvorteil der Straßenbahn vielleicht nicht erstmals entdeckt, wohl aber erstmals vollumfänglich ausgeschöpft wurde: Ihr Potenzial zur Gestaltung öffentlichen Raumes!
Dass dieses Potenzial vorhanden ist, kann schwerlich bezweifelt werden; dass dieses Potenzial aber größer ist als jenes anderer öffentlicher Verkehrsmittel, ist einmal mehr systembedingt: Anders als die meisten anderen Bahnen, die ein Mindestmaß trennender Elemente zwischen Fahrweg und öffentlichem Raum bedingen, führt die Straßenbahn über Plätze und durch Straßen, mithin auch durch schmale Gassen. Damit ist sie in der Stadt höchst präsent und kann, wenn ihr kein eigener Gleiskörper zugewiesen werden soll, Räume nutzen, die auch dem Langsamverkehr und dem motorisierten Individualverkehr zur Verfügung stehen.
Abbildung 5: Zürich: Glattalbahn durcheilt Wildblumenwiese! Was sich vor einigen Jahren noch als romantische Verspieltheit verstehen ließ, ist zwischenzeitlich zum ernstzunehmenden Argument pro Straßenbahn geworden: Die mögliche Nutzung ihrer Infrastrukturen als Lebensraum für Bienen und andere Insekten. Das Beispiel aus der Thurgauer Straße in Zürich-Oerlikon zeigt: ›Rasengleis‹ impliziert nicht unbedingt ›englischen Rasen‹. (Foto: Verf., Mai 2012)
In diesen mehrfach genutzten Räumen bilden die in die Straßenoberfläche integrierten Gleise zugleich Fahrweg der Bahn wie auch Orientierungshilfe für andere Verkehrsteilnehmer*innen und sind überdies Mittel zur Strukturierung der Straßenfläche. Und mehr noch: Die Gleise und, mit diesen korrespondierend, das ›Lichtraumprofil‹ der auf ihnen verkehrenden Fahrzeuge, können durch gestalterische Elemente — Pflastersteine, Steinplatten, Farbgebung der Straßenoberfläche, Poller — hervorgehoben werden. Je nach Struktur des Umfelds kann der Fahrweg auch in einem ›Rasengleis‹ bestehen, in dessen Oberfläche das Gras bis zur Schienenoberkante und darüber hinaus wachsen kann, was nicht nur Auswirkungen auf die Luftqualität und die Insektenwelt der Umgebung hat, sondern auch gestalterisches Mittel ist. Darüber hinaus bieten Stationen und ihre Zuwegungen, Bahnsteigkanten, Wartehäuschen, Informationssysteme, Fahrscheinautomaten und Kioske, Möglichkeiten zur Gestaltung von Straßen und Plätzen. Nicht zuletzt aber sind es die Straßenbahnfahrzeuge selbst, ihre Gliederung, Form- und Farbgebung, die Potenzial zur Gestaltung einer Stadt haben. Von all diesen Möglichkeiten hat Straßburg intensiv Gebrauch gemacht und damit Standards gesetzt, so dass zwischenzeitlich von einer »französischen neuen Schule des Städtebaus« (Jahn 2010, 64) die Rede ist und der Stadt- und Verkehrsplaner Hartmut H. Topp (2002, o.S.) schwärmt: »Das Faszinierende an Strasbourg ist der integrative verkehrsplanerische, technische, städtebauliche und gestalterische Ansatz: Die Straßenbahn ist dort mehr als ein Verkehrsmittel, sie ist Werkzeug und Symbol der Aufwertung städtischer Räume des ›neuen‹ Strasbourg«.
Straßburg revisited
Wie aber stellt sich dieses neue, durch die Tram ›verschönerte‹ Straßburg dar? Auffällig ist beim Lokalaugenschein31 zuvorderst, dass die Innenstadt weitgehend frei von ruhendem und fließendem Individualverkehr ist, und dies sticht noch mehr ins Auge, wenn man etwa die Rue des Francs Bourgeois als eine Straße mit drei Fahrspuren und einer Parkspur in Erinnerung hat und sich entsinnt, wie die früher dort verkehrenden Busse oft im Stau standen. Heute gibt es dort zwei Tramgleise in der Straßenmitte und beidseits von diesen breite Gehsteige, die von Fußgänger*innen reichlich frequentiert werden. Auffällig ist weiter, dass die Straßburger Tram, wie fast alle französischen Straßenbahnen, im klassischen Sinne ›Straßenbahn‹ ist: Sie fährt fast ausnahmslos auf der Straße. Die Fahrzeuge sind exakt auf diesen Zweck zugeschnitten: Sie sind vielgliedrig und schlängeln sich, flexibel wie Raupen, durch die engen Kurven der Altstadt, was sie etwa von den in Stuttgart oder Karlsruhe eingesetzten Fahrzeugen deutlich abhebt. Denn die Stuttgarter Bahnen verfügen bei rund 39 Metern Länge über nur ein ›Gelenk‹ (Stadler o.J.b), jene in Karlsruhe bei 37 Metern Länge über zwei ›Gelenke‹; die Straßburger Fahrzeuge hingegen bestehen bei 44 Metern Länge (Isherwood/Prinzon/Colburn o.J., 6) aus sieben ›gelenkig‹ miteinander verbundenen Teilen und sind überdies schmäler als die Stuttgarter und Karlsruher Bahnen. Zusammen mit ihren abgerundeten Wagenkasten und einer Dachkonstruktion, die alle sonst oft sichtbaren Aggregate verbirgt, gibt diese Flexibilität den Fahrzeugen ein schlankes, filigranes Äußeres, das auch in engen Räumen wie an der S-Kurve am Place Saint-Pierre-le-Vieux keine Panikattacken bei Fußgänger*innen auslöst.
Abbildung 6: Als schlank, filigran und gelenkig lassen sich die Straßburger Fahrzeuge beschreiben. Im Zusammenwirken mit der Lichtsignalanlage für Radfahrer*innen und der Gestaltung der Straßenoberfläche, die die Fahr- und Gehwege der unterschiedlichen Verkehrsarten sortiert und sichtbar macht, ergibt sich an der Engstelle am Place Saint-Pierre-le-Vieux eine übersichtliche Situation. Dass anstelle der Tram ein Bus diese Trasse befährt, ist schwer vorstellbar. (Foto: Verf. Mai 2019)
Die Fahrzeuge sind zu 100 Prozent in Niederflurbauweise erstellt worden (Innenbodenhöhe 35 Zentimeter), so dass sie im Zusammenspiel mit den 35 Zentimeter hohen Bahnsteigkanten einen beinahe lückenlosen niveaugleichen Einstieg ermöglichen und im Fahrzeuginneren keine Stufen zu überwinden sind. Da die Bahnsteige nicht allzu sehr aus der Straßenoberfläche herausragen, werden Straßen und Plätze durch die Haltestellen nur minimal zerschnitten, und Selbiges lässt sich über die Trassen sagen. Denn überall dort wo die Bebauung dicht, die Anzahl von Dienstleistungseinrichtungen und Einzelhandelsgeschäften groß und die Frequenzen des Langsamverkehrs hoch sind, sind die Tramgleise problemlos zu traversieren, weil sie sich nur optisch oder durch minimal hohe Absätze vom restlichen Straßenraum abheben. Aber selbst dort, wo der Bahn auf breiten Boulevards (z.B. Rue Vauban)
eigene Fahrwege geschaffen worden sind, ist auf die Querbarkeit der Trasse maximal Rücksicht genommen worden, indem man auf geschotterte Bahnkörper, wie sie andernorts in solchen Fällen oft angelegt werden, verzichtet und stattdessen zwischen den Schienen kleinteilige Betonplatten verlegt hat. Stellt man über diese Durchlässigkeit der Tramtrassen hinaus in Rechnung, dass die Niederflurfahrzeuge mit ihren großen Fenstern nicht nur Transparenz herstellen, sondern die Fahrgäste quasi auf Augenhöhe mit den Fußgänger*innen auf den Trottoirs sitzen lässt, wird deutlich, weshalb Harald A. Jahn (2010, 36) im Blick auf neue Straßenbahnen in Frankreich von einem »rollenden Gehsteig« spricht, der die Distanz zwischen Reisenden und Fußgänger*innen gering halte.
Abbildung 7: In der Rue Vauban verlaufen die Tramgleise zu beiden Seiten einer Allee, die die Längsachse des vormals mehrspurigen Boulevards bildet. Entlang der Bäume verläuft ein Fußweg. Die Straße verfügt über zwei Richtungsfahrbahnen für den motorisierten Quartiersverkehr und über eine begrenzte Anzahl Parkplätze. Die Traversierung der Straße ist zwar nur an einzelnen Punkten barrierefrei möglich, gleichwohl kann von einer ›Zerschneidung‹ des Viertels kaum die Rede sein. (Foto: Hörz, Mai 2019)
Zieht man diesbezüglich abermals den Vergleich zu Stuttgart32, wo ›eckige‹ hochflurige Fahrzeuge — einer U-Bahn gleich, die sich aus dem Tunnel auf die Straße verirrt hat — den Straßenraum machtvoll einnehmen, wo Fahrgäste stets auf Fußgänger*innen herunterschauen und geschotterte Bahnkörper den Stadtraum visuell und praktisch zerschneiden, so lässt sich nachvollziehen, weshalb es gerade die Straßburger Straßenbahn ist, die in städtebaulicher Hinsicht Aufsehen erregt hat.
Dass dies so kommen konnte, liegt zweifellos darin begründet, dass die Straßburger Straßenbahn-Renaissance von Anfang an nicht nur von Techniker*innen, sondern unter maßgeblicher Beteiligung eines Teams von Architekt*innen geplant wurde, das der Landschaftsarchitekt Alfred Peter leitete. Diesem Team kam die Aufgabe zu, die Straßenbahn in jedes einzelne von ihr zu durchmessene Stadtquartier einzupassen33 (Besier 2002, 58).
Insofern überrascht es wenig, dass der Wirt einer Café Bar in der Rue de Faubourg-de-Saverne davon spricht, dass seine Straße durch die Anlage der Bahn nur gewonnen habe. Nicht nur, weil der Autoverkehr radikal eingeschränkt worden und damit Außenbewirtschaftung wieder möglich geworden sei, sondern auch, weil mit der Rückkehr von Fußgänger*innen und Radfahrer*innen eine »décélération« des Lebens eingetreten sei, die die Aufmerksamkeit für Lokale und Geschäfte erhöhe. Wo früher niemand zu Fuß gehen wollte, wo sich Automobile in drei Fahrspuren stauten, seien seit nunmehr fast zwanzig Jahren ›Leute‹ anstatt Automobilist*innen unterwegs — Leute, die auch nach rechts und links und nicht nur auf das Bremslicht des vorausfahrenden Wagens schauten. Zugleich Leute, die flanierten oder spontan aus der Tram ausstiegen, um Angebote von Geschäften, Restaurants und Cafés wahrzunehmen. Die Wirklichkeit, so der Gastronom, habe gezeigt, dass Politiker*innen und Geschäftsleute, die Ende der 1980er Jahre eine U-Bahn anstatt der Tram errichtet sehen wollten, mit der Schreckensvisionen eines sterbenden Einzelhandels in der Innenstadt infolge der Umwandlung von Fahrspuren und Parkplätzen in Tramgleise falsch gelegen wären: Wichtig für Einzelhandel und Gastronomie sei nämlich weniger die Anzahl der Parkplätze (die beim Bau der Straßenbahn verloren gingen), sondern eine Stadt, die zum Aufenthalt einlade. Störend sei nur die Bauphase gewesen, diese habe in der Tat Umsatzsatzeinbußen gebracht…
Ein älterer Gast des Lokals, Fotograf im Ruhestand, pflichtet dem Inhaber bei und meint, dass das Versprechen einer ›schöneren Stadt‹ durch die Anlage der Straßenbahn eingelöst worden sei. Allerdings sei das neue Netz nicht so ausgedehnt wie jenes, über das die Stadt bis in die Nachkriegszeit hinein verfügt habe. Überdies sei die ›alte‹ Straßenbahn eine schmalspurige gewesen, die sich noch besser in das Stadtbild eingefügt hätte als die ›neue‹. Zufrieden sei er mit dem Verkehrsmittel gleichwohl, besitze er doch schon länger kein Auto mehr und nutze die Bahn wann immer er sie brauche. Nicht zuletzt aber beobachte er gerne von seinem Tisch vor dem Lokal aus das Treiben an der nahe Haltestelle und sehe den vorbeifahrenden Trams zu. Das sei unterhaltsam und »lebendig«, zugleich aber auch angenehmer als an einer stark von Autos befahrenen Straße, denn: »Möchten Sie an einer Autostraße sitzen? Ich glaube es nicht!«
Am Place de l’Homme de Fer, wo ein zentraler Umsteigepunkt mit Kiosk und einer sich über die Gleise hinweg erstreckenden ›Rotonde‹ entstanden ist, pulsiert das Leben: Menschen kommen, warten, gehen, fahren ab, treffen sich. Unter den Wartenden eine Mittvierzigerin mit zwei Einkaufstüten eines Modehauses, die die Straßenbahn zum Einkaufen in der Stadt oder für Verabredungen zu nutzen angibt, wobei sie einen der mit der Tram angelegten Park & Ride-Plätze zum Umstieg von und zu ihrem eigenen Auto in Anspruch nehme. Zwar hätte sie sich sehr wohl auch mit einer U-Bahn für Straßburg anfreunden können, der Praxisnutzen der Tram sei jedoch auf jeden Fall gegeben, und im Vergleich zur Pariser Metro sei die Straßburger Tram allemal komfortabler. Zudem habe die mit dem Tram-Bau einhergegangene Umgestaltung des Place Kléber (vormals Parkplatz) dazu geführt, dass die Stadt einen schönen Platz erhalten habe, der sich auch für Festivitäten eigne. In die Stadt selbst sei sie seit Jahren nicht mehr mit dem Auto gefahren, schließlich spräche ja nichts dafür…
Abbildung 8: Mit Ausnahme von Paris, wo die Trams in den Außenbezirken ihre Wiederkehr erlebten, sind die ›neuen‹ Tramlinien oder -netze aller französischen Städte auf die Innenstädte ausgerichtet und sollen diese ›aufwerten‹. Dass dies nicht nur in Straßburg gelungen ist, zeigt die Ansicht der Rue de la Victoire in Tours. Hier wurde eine annähernd ebene Straßenoberfläche geschaffen, in der die unterschiedlichen Farbmuster der Straßenoberfläche und die Tramgleise den Raum strukturieren. Hinzu kommt hier auch eine Stromschiene, die mittig zwischen den Gleisen verlegt ist. Herannahende Bahnen lösen dabei die Einspeisung von Strom im jeweils befahrenen Abschnitt (unter den Fahrzeugen) aus, was die Gefährdung von Fußgänger*innen oder Radfahrer*innen ausschließt. Dieses System wurde für städtebaulich ›sensible‹ Bereiche entwickelt, nachdem die Beeinträchtigung des Stadtbildes durch Oberleitungen kritisiert worden war. Außerhalb der ›Erlebniszone‹ bezieht die Tram ihren Strom aus einer Oberleitung. (Foto: Verf., Juni 2019)
Alles schön(er) also? Nicht unbedingt! Kritisch sieht die Tram ein Mann mit langem Haar und Gitarre, der sich am Umsteigepunkt Place de la République als Straßenmusiker betätigt: Natürlich sei die Straßenbahnstation für seine Zwecke ideal, seien an diesem Umsteigepunkt doch ständig Leute unterwegs, die sich von ihm unterhalten ließen und dafür den einen oder anderen Euro entrichteten. Ob es sich aber um einen Bahnhof, eine Metro- oder Bus- oder Tramstation handle, die ihm Publikum und »pocket money« beschere, sei ihm gleichgültig, seien doch alle Bahnen, Busse und Trams gleichermaßen Teil einer auf Profitmaximierung ausgerichteten Gesellschaftsordnung — und zwar auch dann noch, wenn diese öffentlichen Dienste mit Steuergeldern finanziert würden. In den letzten 25 Jahren habe doch jede Stadt des Landes ihre Tram erhalten, seien den Leuten Bäume versprochen worden und Kunst auf der Straße, doch seien alle diese Vorhaben am Ende nichts als »economic promotion«. Schließlich gehe es den »authorities« nicht darum die Menschen einer Stadt zu bedienen, sondern darum, immer größere Menschenmassen zum »shopping« in die Kernstädte zu bewegen. Die Leute gäben dann Geld aus, seien glücklich und lächelten in die Überwachungskameras der Tram, zugleich aber jammerten sie über steigende Mieten. Und Mieten und Preise stiegen ja überall wo eine neue TGV-Strecke, Metro oder Tram eingerichtet würde. Neue Straßenbahnen, U-Bahnen oder TGV-Bahnhöfe seien damit Teil einer »brave new world«, deren »barbarism is hidden behind flowers, artworks in the streets and shiny objects«. Und hingewiesen auf die Vorzüge großzügiger Baumpflanzungen, die in allen französischen Städten mit der Wiedereinrichtung von Straßenbahnen einhergegangen sind, sagt der Straßenmusiker erheitert über den eigenen Reim: »Yes, trees are nice, but somebody has to pay the price!«
« Plus belle » – für alle?
Eine durch die Tram ›verschönerte‹ und ›vernachhaltigte‹ Stadt, eine durch die Straßenbahn vom Autoverkehr bereinigte erlebnisträchtige (Innen-)Stadt voller Bäume und Rasengleise, designerischer Spiele mit dem öffentlichen Raum und eleganten Tramfahrzeugen, dazu Menschen deren Mobilitätsbedürfnisse durch den öffentlichen Verkehr gedeckt werden und solche, die drei Meter vom Gleis entfernt Kaffee oder Wein trinken oder servieren: Wäre da nicht die Kritik des Straßenmusikers, so könnte man von einer städtischen Idylle sprechen, die so erst durch die Tram entstanden ist. Nimmt man dessen kritische Äußerungen jedoch — unabhängig davon, ob sie sich zumindest ein Stück weit widerlegen ließen oder nicht — ernst, so muss erwogen werden, dass Straßburg nicht unbedingt für alle Menschen gleichermaßen »plus belle« geworden ist. Schöner ist sie zweifellos geworden für Gastronom*innen und ihre Gäste, für erlebnisorientierte shopper, die im Umland wohnen, ihr Auto auf dem Park & Ride-Platz stehen lassen und das Verkehrsmittel auf dem Weg dorthin nutzen, wo man mit dem Auto (durchaus sinnvollerweise) nicht mehr fahren kann und soll. Bereichert wird durch die Straßenbahn sicherlich — dies gilt für Straßburg, die meisten anderen französischen Straßenbahnstädte, viele weitere ›neue‹ Trambetriebe und ganz sicher für die nostalgischen Erlebnistrams in San Francisco und Istanbul — das Stadt(er)leben derjenigen, für die die Altstadt ›Freizeitpark‹ (Köstlin, K. 1994) und touristischer Raum im Alltag ist (Köstlin, K. 1995). Dabei ist es kein Zufall, dass die neue Straßenbahn-Konjunktur nur kurze Zeit nachdem die ›Verödung‹ der Zentren prognostiziert und Maßnahmen zu ihrer Attraktivitätssteigerung eingefordert worden sind (Kirchberg/Behn 1988), an Fahrt gewonnen hat. Zu fragen bleibt freilich, ob die nicht nur aber auch durch Straßenbahnen in ihrer Attraktivität bereicherte Stadt auch schöner geworden ist für jene, die am Erlebniskonsum gar nicht oder nur selten partizipieren können? Was haben — um den Denkanstoß des Straßenmusikers aufzugreifen — jene Menschen von einem ›wertigen‹ öffentlichen Verkehrsmittel, deren Budgets einen Einkauf auf dem Straßburger Wochen- oder Weihnachtsmarkt und in den Einzelhandelsgeschäften der Innenstadt nicht zulassen?
Bereichert wird das Leben für die Teile der Mittelklasse, die die Trams als Berufspendler*innen nutzen können. Aber schon jene, die vom einen peripheren Ort zum anderen peripheren Ort müssen oder wollen, profitieren von öffentlichen Verkehrsmitteln, deren Netzwerk primär auf die Innenstadt ausgerichtet ist, nur bedingt, so dass die Frage gestellt werden muss, welchen Bevölkerungsgruppen einer Stadt die neuen Trams beschert worden sind. Zu Recht hat Stefan Fisch (1998, 34–35) aus historischer Perspektive darauf hingewiesen, dass die Metapher vom Liniennetz eine problematische ist weil sich die ›Netze‹ de facto meist als ›Sterne‹ darstellten, die auf die Stadtzentren ausgerichtet seien. Zu fragen ist demnach, wohin die ›Strahlen‹ des Liniensterns führen, welche Bevölkerungsgruppen entlang der ›Strahlen‹ wohnen, arbeiten und ihre Freizeit verbringen und welche Rolle die Innenstadt für die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen spielt. Möglicherweise, ja sogar wahrscheinlich, stellt sich bei näherer Betrachtung der Verkehrsbeziehungen jener Teile der Bevölkerung, deren Fahrtziele nicht entlang dieser ›Strahlen‹ situiert sind, heraus, dass sich die »Bewegung im Stadtraum als eine im Grund konfliktuelle Praxis [erweist], die sich zur harmonisierenden Funktionalität und Ästhetik des Gebauten [und des auf dem Gebauten Rollenden] in Widerspruch stellt« (Rolshoven 2001, 22). Betrachtet man die schematischen Karten der neuen französischen Tramsysteme (Jahn 2010), so ist auffällig, dass die Strecken mit Ausnahme von Paris, wo die Straßenbahnen bewusst ringförmig oder tangential zur Bedienung von Außenbezirken angelegt worden sind, stets periphere Räume an die Zentren bindet. Dies hat insofern seine verkehrsplanerische Logik, als die Bahnen primär dort angelegt wurden, wo die bestehende Nachfrage bislang verkehrende Buslinien an ihre Kapazitätsgrenzen gebracht hatte und die zu reduzierenden automobilen Verkehrsströme stark gewesen waren. Zugleich aber hat diese Bindung — für die die stählernen Schienen symbolhaft stehen können — auch den Effekt, dass gerade die Bedeutung der Zentren gestärkt wird, die in der Wahrnehmung von außen wie im Inneren ohnehin schon für die ganze Stadt stehen (Kirchberg/Behn 1988, 360), wohingegen die Beziehungen zwischen den peripheren Gebieten, zwischen Banlieue und Banlieue und den Räumen zwischen Ban-Lieux und Zentrum Domäne des weniger ›wertigen‹ Verkehrsmittels ›Bus‹ bleiben und somit weder praktisch noch symbolisch ›aufgewertet‹ werden.
Bereichert wird durch die neue Straßenbahn ganz ohne Zweifel auch das Leben derjenigen, deren Wohnstätten an einer Straße liegen, die durch Rasengleis, hochwertigen Verkehrsanschluss und Baumpflanzungen neu gestaltet worden ist, weil sich Emissionen und Immissionen des motorisierten Individualverkehrs verringern und mehr Raum für ›öffentliches Leben‹ direkt vor den Haustoren entsteht. Wer aber sagt, dass dies diese Menschen primär interessiert? Und was geschieht, wenn sich diese Steigerung der Lebensqualität in erhöhten Mieten niederschlägt und zu Luxussanierung, Mieter*innenverdrängung und Gentrifizierung führt? Was geschieht mit Geschäftsinhaber*innen, die vor einer ›Aufwertung‹ ihres Straßenzugs durch eine neue Tram die Pacht für ihr Geschäftslokal gerade noch erwirtschaften konnten, nach einer möglichen Erhöhung der Pacht infolge der ›Aufwertung‹?34
Geht es um Beförderungsqualität und ›Wertigkeit‹ der Zürcher Straßenbahn, so wird gerne darauf hingewiesen, dass sich auch »ohne weiteres Bankdirektoren, hohe Politiker und andere VIPs« (Joos 1990, 717) in die blau-weißen Trams setzten. Insofern das richtig ist, kann dies unter ökologischen und verkehrsplanerischen Gesichtspunkten begrüßt werden. Und aus der Sicht derjenigen, die die Straßenbahn als stadtverträgliche Verkehrsträger propagieren und die Stadtbewohner*innen aus ihren »platonischen Höhlen« auf die »Vorderbühne« der Kollektivverkehrsmittel locken wollen, ist das Argument der ›Wertigkeit‹, die sich über den Praxisnutzen hinaus aus Design, Architektur, Sauberkeit und Image konstituiert, zweifellos die richtige Strategie. Nicht nur, weil damit eine individualverkehrsaffine soziale Klasse angesprochen wird, sondern auch, weil die Gewinnung wohlhabender und prominenter Personen als lebensstilprägende Instanzen Einfluss auf die Lebensstile der Mittelklasse hat, die dem Lebensstil der Oberklasse folgen (Bourdieu 1987, 503–504). Doch, gibt es nicht auch Bevölkerungsgruppen, deren »Anpassung an den Mangel« in verkehrlicher Hinsicht darin besteht, nicht zu fahren35 oder deren »Resignieren vorm Unausweichlichen« (585) die Mobilitätsbedürfnisse der Mittelklasse gar nicht erst entstehen lässt? Die Aktivitäten einer anonymen Gruppierung, die in München unlängst zum ›bewussten‹ Schwarzfahren aufgerufen hat, (Lettenbauer 2018) zeigen, dass es mit der sozialen Barrierefreiheit des öffentlichen Verkehrs nicht zum Besten steht…
Bereichert wird durch die Einführung einer Straßenbahn wie jener in Straßburg zweifellos auch die Stadtöffentlichkeit, weil ein ›wertiges‹ Verkehrsmittel Menschen zusammenführt und die transparente Bauweise der Fahrzeuge Blickbeziehungen herstellen hilft, die im Falle des motorisierten Individualverkehrs nicht hergestellt würden. Nur, fahren tatsächlich alle Bevölkerungsgruppen einer Stadt, die gegebenenfalls fahren wollten, tatsächlich mit, und sind alle Bevölkerungsgruppen in den Öffentlichkeiten entlang der eleganten Tramtrassen und an den Haltestellen präsent? Denkt man die Versprechungen, die die Unterstützer*innen des vor Baubeginn stehenden Straßenbahnprojekts in downtown Los Angeles der künftigen Bahn inskribieren — Investitionen, saubere Luft, Verbindung von »Restaurant Row«, »Fashion District«, »Jewelry District« und »Convention Center« sowie »[a] new kind of neighborhood watch« (Los Angeles Streetcar Inc., 2019) — zusammen mit Mike Davis’ (1990) brillant-zynischen Bemerkungen zur »Fortress L.A.« (220–263) und deren »Sadistic Street Environments« (232–236), so wird deutlich, dass das ökosoziale Verkehrs- und Städtebauprojekt ›Tram Renaissance‹ eine Gestalt annehmen kann (nicht muss!), die zumindest gemischte Gefühle auszulösen geeignet ist.36
Machen wir uns nichts vor: Auch wenn das Projekt in Los Angeles in dieser Hinsicht besonders fragwürdig erscheint, sind die Renaissance-Straßenbahnen doch stets aus der Mittelklasse heraus für die Mittelklasse und deren empirisch belegte, unterstellte oder zugewiesene Bedürfnisse (Satisfaktionsräume, Verkehrsströme, Lebensstile, Wahrnehmung von Verkehrsmitteln) konzipiert worden,37 und jene Aktivist*innen und Autor*innen, die neue Straßenbahnen als Mittel ›sanfter‹ Stadtentwicklung einfordern, zählen — so meine forsche Behauptung — selten zu jenen, die von der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ökonomisch ausgeschlossen bleiben und unter den ›sadistischen‹ Merkmalen der Sitzbänke an und um Tramhaltestellen leiden. Insofern ist die Mittelklasse-Perspektive in diesen Kontexten verständlich, ja, sie ist vielleicht sogar unverzichtbar, wenn die automobilaffine Mittelklasse vom öffentlichen Verkehr ›mitgenommen‹ werden soll. Schließlich ist es ja gerade das Anliegen solcher Initiativen, den öffentlichen Verkehr attraktiv zu machen, und attraktiv bedeutet in der Spätmoderne aus vieler Menschen Perspektive nicht nur ›hoher Praxiswert‹, sondern auch erlebnisträchtige ›Wertigkeit‹ und ›Designorientierung‹ — vielfach verwoben mit der Erwartung von »Sauberkeit, Ordnung und Sicherheit« (Rolshoven 2010).
Abbildung 9: In Stuttgart forderten im Sommer 2018 Aktivist*innen der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) den ›Nulltarif‹ und, als Sofortmaßnahme, eine Jahreskarte für 365 Euro. Doch man täusche sich nicht: Seit im Zusammenhang mit der Luftreinhaltung für immer mehr Stadträume gerichtliche Fahrverbote für bestimmte Automobiltypen drohen, sind solche Forderungen nicht mehr nur Sache von Kleinstparteien. Und wiewohl bei ›Umwelttickets‹ und ›Nulltarif‹ primär ökologische Zielsetzungen eine Rolle spielen, so wird doch immer öfter auch über soziale Inklusion und Exklusion auf dem Sektor des öffentlichen Verkehrs gesprochen. Das in Wien ›erfundene‹ 365-Euro-Ticket wird übrigens aktuell vielerorts eingeführt oder eingefordert. Anders als in Wien, wo für diese Jahreskarte auch eine Teilzahlungsvariante angeboten wird, ist bei den nachahmenden Verkehrsbetrieben häufig der Gesamtbetrag sofort fällig, was sich durchaus als ›exklusives‹ Moment der Tarifgestaltung verstehen lässt. (Foto: Verf., Juli 2018)
Im Sinne des Eingangszitats, verstanden als »nom métonymique de la société« und als »Entität, die Aufschluss über die Gesellschaft gibt« widerspiegelt die wiedergekehrte Straßenbahn spätmoderne Wirklichkeiten — von der Umweltproblematik über den Kampf um den öffentlichen Raum, bis hin zum Erlebniskonsum der einen, dem angesichts sich verschärfender Gegensätze zwischen dem sozialen Oben und Unten andere gegenüberstehen, für die schon der Tramfahrschein zu teuer ist und die sich dort, wo die Tram hinführe, oft nichts anzufangen wüssten.38 Möchte man die Straßenbahn, dies berücksichtigend, zu einem Mobilitätsmittel für ›alle‹ machen, so wäre die Dezentrierung mittelklassiger Planungs- und Stadtentwicklungsperspektiven und die Fokussierung sozialer Aspekte — weit über die Frage nach ›Sozialtickets‹ und Gratisfahrten hinaus — angezeigt!
Wohin geht die Reise?
Nur um Missverständnisse zu vermeiden: Die aus der von dem Straßburger Straßenmusiker geübten Tramkritik inspirierten kritischen Bemerkungen stellen die Vorzüge des Verkehrsträgers ›Straßenbahn‹ nicht grundlegend in Frage — zumal vor dem Hintergrund, dass sich diese Kritik genauso gut auf Bahnen in zweiter Ebene oder auf Busse beziehen könnte. Ja, diese Kritik müsste sich sogar viel mehr auf Bahnen in zweiter Ebene beziehen, weil diese ungleich kostspieliger anzulegen und schon deshalb nicht zur flächenhaften Erschließung geeignet sind; sie kommen dementsprechend noch weniger Menschen zugute als Straßenbahnen. Und diese Kritik müsste sich am allermeisten auf den motorisierten Individualverkehr beziehen, der am allerwenigsten ›Verkehr für alle‹ sein kann, weil er viel ›exklusiver‹ ist als jedes öffentliche Verkehrsmittel!
Wohin also geht die Reise? Dass die öffentlichen Diskussionen um mehr und bessere öffentliche Verkehrsmittel anhalten werden, darf zumindest dann erwartet werden, wenn CO2-Ausstoss, Feinstaub-, Reifenabrieb- und Stockoxidbelastung in den Städten wie auch deren Übernutzung durch den Individualverkehr als abzuarbeitende Probleme auf der gesellschaftlichen Agenda bleiben und sich nicht einfach als ›fake news‹ vom Tisch wischen lassen. Dies gilt dann umso mehr, wenn sich die Erkenntnis durchsetzt, dass die Verkehrsträger ›Fahrrad‹ und ›Elektroautomobil‹ diese Probleme allenfalls zum Teil lösen können, dabei aber nicht ohne unerwünschte Nebenwirkungen sind.39 Als möglicher Teil der Problemlösung dürfte dann die Straßenbahn auf Grund ihrer systemimmanenten Vorteile weiter im Gespräch bleiben – schon deshalb, weil sich Bahnen in zweiter Ebene nicht so schnell verwirklichen lassen wie die vielfach betonte Dringlichkeit der Probleme dies erforderte. Doch man täusche sich nicht: Schnell werden diese Diskussionen nicht zu Ergebnissen führen, schon gar nicht zu solchen, die die Wiederkehr der Tram dynamisch vorantreiben: Zum einen leistet die Automobillobby erbitterten Widerstand gegen jede Einschränkung automobiler Freiheiten, was oft schon kleinste Optimierungsmaßnahmen im Straßenbahnverkehr scheitern lässt oder um Jahre verzögert. Zum anderen sind Planungsrecht und Förderrichtlinien nicht immer und überall geeignet, der Straßenbahn den Weg zur Wiederkehr zu ebnen, und auch die großzügige Bereitstellung von Fördermitteln ist nicht selbstverständlich:
In Deutschland etwa legt das »Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz« fest, dass Neubeschaffungen von Straßenbahnfahrzeugen gar nicht und Neubauten von Straßenbahnfahrwegen nur dann durch Bundesmittel förderfähig sind, wenn dabei ein eigener Gleiskörper angelegt wird (GVFG 2015, § 2), was einer Renaissance der Tram nach französischem Muster entgegenwirkt. In den USA hat die Trump-Administration — entgegen im Präsidentschaftswahlkampf geweckter Erwartungen — die Fördermittel für den städtischen mass transit eingedampft (Freemark 2017), so dass dort die aktuell in Bau befindlichen Tramsysteme (beispielsweise jene in Los Angeles und in Orange County, Kalifornien) für längere Zeit die letzten sein könnten.
Ermunternde Signale kommen indessen aus Österreich, wo Innsbruck Anfang 2019 zwei neue Strecken in Betrieb genommen hat (Dag 2019), Wien etliche Erweiterungen plant (Stadtentwicklung o.J.) und Graz ambitionierte Ausbaupläne präsentiert hat (WZ Online 2019). Nur ermunternde Signale? Nun ja: Zwar hat Gmunden 2018 seinen vormals winzigen Straßenbahnbetrieb (2,315 Kilometer), mittels einer Neubaustrecke mit der ›Traunseebahn‹ verbunden und als ›Traunseetram‹ zu einem attraktiven Stadt-Land-Verkehrsmittel gemacht (Oberösterreichische Nachrichten 2018), von der Vorlage einer Machbarkeitsstudie bis zur Eröffnung verging jedoch ein Jahrzehnt!
Man sieht: Straßenbahnen sind nicht nur Verkehrsmittel mit vergleichsweise geringer Höchstgeschwindigkeit, auch ihre Renaissance, die sich im ersten Blick auf Medienberichte und Literatur als dynamisches Geschehen darstellt, erweist sich bei näherem Hinsehen oft als langsamer Prozess, der überdies nicht immer und nicht überall zu einem greifbaren Ergebnis führt40. Auch die systemimmanenten Vorteile der Tram werden nicht immer und von allen als solche erkannt, werden bestritten und mit allerhand tragfähigen oder vorgeschobenen Argumenten zu konterkarieren versucht. Steht am Ende des Prozesses jedoch tatsächlich die Wiederkehr der Straßenbahn und gelingt ihre Implementation in den städtischen Alltag so gut wie in Straßburg, kann 25 Jahre nach der Eröffnung der ersten von mittlerweile sechs Linien von einer »Génération tram« (Muller 2000) gesprochen werden, für die die Nutzung der Straßenbahn selbstverständlich ist. Bei meinem Lokalaugenschein wurde dies nirgendwo besser (und erheiternder) deutlich als bei einer kurzen Unterhaltung mit einer jungen Frau, die mich an der Haltestelle Rue de Faubourg National nach Feuer gefragt hatte: Irritiert ob meiner offenbar blöden Frage nach dem ›Warum?‹ ihrer Verkehrsmittelwahl ließ die Studentin wissen: »Pourquoi je prends le tramway? Vous vous moquez de moi? Prendre le tramway? C’est normal!«41
1. »… ich habe oft gesagt, dass das ganze Unglück der Menschen allein daher rührt, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer bleiben können.« Diese Einsicht hat ihren Urheber allerdings nicht davon abgehalten, die ›Wagen für fünf Sols‹, das erste System öffentlichen Nahverkehrs in Paris, (mit) ins Leben zu rufen, von dem es heißt, es habe wesentliche Merkmale moderner Betriebsführung (festgelegte Fahrstrecken, Einheitstarif, Fahrplan) aufgewiesen (Reinhart 2015, 125–126, Robert 1959, 29).
2. Zu den Ausnahmen lassen sich zum Zeitpunkt des Erscheinens des Textes etwa der Beitrag »S-Bahn-Ethnologie« von Gottfried Korff (1990) und die von Marc Augé (1988) inspirierte gedruckte Magisterarbeit über die Berliner U-Bahn von Barbara Lang (1994) zählen. Jüngere Arbeiten thematisieren z.B. die Frühzeit der Eisenbahn-Kulturgeschichte in Bayern (Tischberger 2016) oder die populäre, freizeitzentrierte Aneignung (nostalgischer) Schienenverkehrsmittel (Hörz 2016). Integriert ist der Blick auf Schienenverkehrsmittel überdies in Wolfgang Kaschubas (2004) Arbeit zur »Überwindung der Distanz« und in Hermann Bausingers (2005, 23–42) »Volkskultur in der technischen Welt«.
3. Ungeachtet dessen, dass sich die Motorisierungsgrade der Weltbevölkerung regional unterscheiden, lässt sich die Tendenz zu Automobilisierung und zur Verlagerung von Transportwegen auf den motorisierten Straßenverkehr als globales Phänomen begreifen.
4. Das deutsche Umweltbundesamt (2012, 6) gibt für den modal split im europäischen Güterverkehr einen Anteil des Straßenverkehrs von 69,9 Prozent an, dem ein Anteil von 17,3 Prozent des Schienenverkehrs gegenübersteht, der Rest entfällt auf Binnenschifffahrt, Rohrleitungen und Luftfahrt. Im Personenverkehr entfallen 80,2 Prozent auf den motorisierten Individualverkehr, 7,4 Prozent auf den Schienenverkehr, 6,9 Prozent auf Straßenbahnen und Busse und 5,5 Prozent auf die Luftfahrt (20).
5. Besonders wunderlich erscheint — auf den ersten Blick — ›Bahnlatschen‹. Ein zweiter Blick (Hörz 2016b) zeigt, dass sich allzu viel ironisierend-spöttische Verwunderung verbietet.
6. Man denke an ›Stuttgart 21‹.
7. Diese Kritik wird in Deutschland derzeit intensiv geübt. Kritisiert werden u.a. die geringen Pro-Kopf-Investitionen, die 2013 in der Bundesrepublik bei nur 54 Euro lagen, wohingegen z.B. Schweden 160, Österreich 199 und die Schweiz 366 Euro aufwendeten (Doll 2014).
8. Als Schritt in eine interessante Richtung lässt sich die der ›Planung‹ gewidmete Ausgabe der »Berliner Blätter« (Lange/Müller 2016) verstehen.
9. Schon Anfang der 1960er Jahre verweist Colin Buchanan (1963) darauf, dass Straßen Kapazitätsgrenzen in Bezug auf ihre ›Umfeldverträglichkeit‹ aufwiesen, die stets unter ihren verkehrlichen Kapazitätsgrenzen lägen.
10. Folgt man einer Umfrage des Verkehrsclubs Österreich (VCÖ 2013), so bestehen die Faktoren, welche die 1500 Befragten am häufigsten (50 Prozent und mehr) als Gründe für die Nichtnutzung öffentlicher Verkehrsmittel nannten, so sind dies mangelnde Flexibilität, Fahrtdauer, Umsteigehäufigkeit und geringe Fahrplandichte.
11. Wolfgang Fengler (o.J., 8) bezeichnet diesen als »etwa zehnmal niedriger als im Straßenverkehr«.
12. Hans Liudger Dienel und Barbara Schmucki (1997) weisen in ihrer Periodisierung des öffentlichen Nahverkehrs darauf hin, dass dem Monopol der Pferdebahn (1860–1890) die Hegemonie der elektrischen Straßenbahn (1890–1920) gefolgt sei.
13. Insofern der Strombedarf aus regenerativen Energiequellen bezogen wird, gilt die Emissionsfreiheit auch dort, wo der Strom erzeugt wird.
14. Unter Bezug auf eine aktuelle Studie des Fraunhofer Instituts für Umwelt, Sicherheits- und Energietechnik verwies unlängst ein Beitrag des Südwestrundfunks (Bartoschek 2019) darauf, dass die Verunreinigungen von Böden und Gewässern mit Mikroplastik hauptsächlich auf Reifenabrieb zurückzuführen seien.
15. Zumindest dort, wo zeitgemäßes Rollmaterial auf neu verlegten Gleisbetten verkehrt, ist die Zeit rumpelnder und quietschender Trams vorbei. Mitunter sorgt man sich sogar, dass die Straßenbahn zu leise daherkommen könnte. Zu technischen Aspekte aus Praxisperspektive: NZZ (2008, Min. 6:24–10:17).
16. Als reine Bauzeit neu anzulegender Straßenbahnstrecken gibt Christoph Groneck (2007, 42) eineinhalb Jahre an. Die Baukosten beziffert er für Frankreich für ›schwere‹
U-Bahnen mit 70 Mio. Euro, ›leichte‹ U-Bahnen mit 50 Mio. Euro und für Straßenbahnen mit 20 Mio. Euro pro Streckenkilometer (93).
17. Mit diesem Begriff wird das Phänomen bezeichnet, dass schienengebundene öffentliche Verkehrsmittel im Vergleich zu Bussen als attraktiver erlebt werden (Megel 2001).
18. Nur die entgleiste Tram fährt neben der Spur…
19. Damit war die Untersuchung gegen den (auch nationalsozialistischen) auf Automobile und Busse fixierten Zeitgeist gebürstet. Dies kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Autoren – alle Professoren der Technischen Hochschule Hannover — das »Bekenntnis der deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat« (Lehrerbund o. J., 133–134) unterzeichnet haben. Straßenbahnbezogene Aspekte der NS-Verkehrspolitik streift auch Christoph Strupp (2010, 82–83) in seiner Untersuchung über Hamburg.
20. Diese war über Länder- und Systemgrenzen hinweg zumindest ähnlich ausgerichtet. Allerdings ließ sich diese Politik z.B. in den USA schneller umsetzen als in Europa. In zahlreichen COMECON-Staaten hingegen hätte man sie gerne umgesetzt (Gruen 1975, 20), konnte sie aber nicht umsetzen (geringe Kapazitäten der Autoindustrie, Ölversorgung) und konzentrierte sich auf öffentliche Verkehrsmittel — insbesondere auf die Straßenbahn. Wie weit Wunschdenken und Möglichkeiten hinsichtlich des Verkehrsträgerwechsels (von Schiene zu Straße) hier oft auseinanderlagen zeigt der Seitenblick auf die Geschichte der Schmalspureisenbahnen der DDR (Hörz/Richter 2011).
21. Wie alt diese Denkweise in der Stadtplanung ist, zeigt ein Blick auf den 1909 (!) vorgestellten Burnham-Plan zur Stadtentwicklung von Chicago, der vorsah, jegliche Eisenbahninfrastruktur an die Peripherie und den reduzierten und konzentrierten schienengebundenen Nahverkehr in den Untergrund zu verlegen, im Übrigen aber vor allem ein regionales highway-System zu bauen (Burnham 1909, 88–90). Derlei Ideen widerspiegeln sich Jahrzehnte später in der »Charta von Athen« (Le Corbusier 1962) oder in Hans Bernhard Reichows (1959) »Autogerechte[r] Stadt«. Dass Burnhams Vorstellungen vom Straßenbau jüngst rückblickend als wenig visionär kritisiert wurden (King 2013), ist bezeichnend für den Wandel der Denkweise.
22. Für das Frankreich der Zwischenkriegszeit heißt es, dass es der Autoindustrie gelungen sei, den Diskurs um Straßenbahnen derart zu bestimmen, dass die Schäden des Ersten Weltkriegs gar nicht erst behoben, sondern Automobile und Busse gefördert worden seien (Laisney 2006, 6, Tricoire 2007, 43).
23. Zugegebenermaßen verschleiert der Begriff ›zahlreich‹, dass die Tram an noch viel zahlreicheren Orten nicht wiedergekehrt ist!
24. Dass der Erhalt der Straßenbahnen in Ostdeutschland unerwartet war, zeigt ein »Spiegel«-Beitrag des früheren Regierenden Bürgermeisters von Hamburg, Klaus von Dohnanyi (1990, 117), der den Ostdeutschen empfahl die Straßenbahn zu erhalten und westdeutsche Fehler nicht zu wiederholen. Hamburg hatte die Straßenbahn zwischen 1958 und 1978 sukzessive stillgelegt. Pläne einer Renaissance scheiterten nach mehreren Anläufen am ›Nein‹ des seinerzeitigen Regierenden Bürgermeisters und gegenwärtigen Bundesfinanzministers Olaf Scholz, der ein umstrittenes Bus-Investitionsprogramm favorisierte (Meyer-Wellmann 2014).
25. Der Begriff ›light rail transit‹ ist nicht präzise definiert, könnte aber im Sinne von ›Schnellstraßenbahn‹ (vielfach mit eigenem Gleiskörper z.T. auch in zweiter Ebene) verstanden werden.
26. Pacific Electric, ›red cars‹, 1901–1961.
27. Los Angeles Railway, ›yellow cars‹, 1901–1963.
28. Dass der Regionalplaner Gregory L. Thompson (2003) von einer »Light Rail Movement« spricht, die er in Beziehung zu anderen sozialen ›Bewegungen‹ setzt (26) und vom »Defining an Alternative Future« spricht, ist bezeichnend.
29. Trautmann war 1989–2001 Bürgermeisterin von Straßburg. Die Tram hatte schon im Kommunalwahlkampf des Jahres 1989 eine wichtige Rolle gespielt: Die Sozialdemokratin Trautmann befürwortete die Tram, ihr konservativer Rivale eine Metro.
30. Diese Parole war im Sommer 1992 auf den Plakatwänden der Stadt omnipräsent. Das zugehörige Bildmotiv zeigte eine Grafik des einzusetzenden, für damalige Verhältnisse sehr ›futuristisch‹ anmutenden Fahrzeugs.
31. Meine Exkursion fand am 18. Mai 2019 statt. Die Annäherung an Straßburg erfolgte gegen 7:30 Uhr über die 2017 unter viel öffentlicher Aufmerksamkeit eröffnete transnationale Linie D von Kehl her. Bis zum späten Abend bin ich das gesamte Netz ›abgefahren‹, einige Streckenabschnitte zu Fuß abgeschritten und habe das Gespräch mit Gastronom*innen, Geschäftsinhaber*innen, Passant*innen und Fahrgästen gesucht. Bemerkt sei: Ich habe Straßburg zuletzt 1992 erlebt, also bevor die Straßenbahn Wiedereinzug gehalten hat und kannte die neue Tram nur durch den Blick aus Zugfenstern, Medienberichte und Literatur. Somit sind mir einige Unterschiede ›zu früher‹ aufgefallen. Dies kann aber auch daran liegen, dass ich zuvor über die Bahn gelesen habe.
32. Das Folgende gilt im Grundsatz auch für Hannover oder Teile der Netze in Bonn und Köln.
33. Begleitet wurde das Projekt überdies von Investitionen in Kunst im öffentlichen Raum (Imp 2012, 26–62).
34. Zu »Aufwertung oder Gentrifizierung« s. auch Gisela Welz’ (2010) Beitrag zum Frankfurter Bahnhofsviertel.
35. Aufschlussreich ist ein Blogbeitrag im Kontext des Forschungsprojekts »Mobile Inclusion« an der TU Berlin (Aberle 2018).
36. Von hier aus lässt sich eine Brücke schlagen zu Orvar Löfgrens (2012) Beobachtungen auf dem Hauptbahnhof von Kopenhagen.
37. Dies zeigt nicht zuletzt die in Frankreich an peripheren Haltestellen häufig praktizierte Anlage von Park&Ride-Plätzen, die freilich nur Autobesitzer*innen ansprechen und für nicht automobile Menschen wertlos sind. Nutzen hingegen bringen sie mittelklassigen Bevölkerungsgruppen, die Auto und Bahn nutzen können. Auch entsprechende Sonderangebote nach dem Prinzip ›Parkschein = Fahrschein‹ kommen nur diesen Gruppen zugute. Und weil es sich an dieser Stelle ergibt, sei am Rande gefragt: Wem nutzt die Grazer »Altstadt Bim«, jene Freifahrtregelung ›für alle‹, die sich ausschließlich auf Straßenbahn-Streckenabschnitte in der erlebnisträchtigen Altstadt beschränkt?
38. Allerdings ist es auch mit dem ›Nulltarif‹ nicht unbedingt getan: In Erinnerung ist mir ein Anfang 2019 an einer Haltestelle aufgeschnappte Gespräch zweiter betagter Frauen, die in Reutlingen über die im Tübinger Stadtbusverkehr eingeführte Gratisfahrt an Samstagen sprachen. Dabei sagte die eine Frau: »Der [Boris] Palmer [Oberbürgermeister von Tübingen] hat ja jetzt den Bus samstags gratis gemacht. Das wär’ für uns auch nicht schlecht, dann könnt’ man samstags gratis in die Stadt fahren«. Hierauf die zweite Frau trocken: »Und was sollen wir dann dort? Teuer Kaffee trinken gehen?«
39. Aktuell überlagern sich die Debatten um alternative Autoantriebe und Fahrräder auf der einen Seite und öffentliche Verkehrsmittel auf der anderen. Dabei verschleiert die neue Priorisierung des Fahrrads allerdings, dass von seiner Benutzung viele Bevölkerungsgruppen per se ausgeschlossen sind und bei Regenfall, Hitze oder Kälte nur noch ein Bruchteil aller potenziellen Radfahrer*innen tatsächlich aufs Rad steigt. Zudem wird vergessen gemacht, dass sich die fahrradorientierte Verkehrspolitik Teil passgenau in eine neoliberale Ideologie einfügt, die lediglich die Herstellung der Infrastrukturen als öffentliche Aufgabe begreift, wohingegen alle Kosten und Risiken der Benutzung dieser Infrastrukturen individualisiert werden. Ähnliches gilt für E-Autos, wobei sich mit diesen weder das Problem des Reifenabriebs noch jenes des Platzbedarfs lösen lässt.
40. Dies lässt sich u.a. an der unendlichen Geschichte der Diskussionen um und der Planungen für die ›Regionalstadtbahn Neckar-Alb‹ illustrieren. Dieses Verkehrssystem soll als Straßenbahn durch die Zentren von Tübingen und Reutlingen geführt werden und die Städte untereinander und mit der Region verbinden. Erste Pläne und Forderungen in dieser Richtung kamen in den frühen 1980er Jahren aus kleinen Zirkeln engagierter Bürger*innen. Eine erste Machbarkeitsstudie datiert auf das Jahr 1984. 30 (!) Jahre später genehmigten die Kreistage von Tübingen und Reutlingen die Entwurfs- und Genehmigungsplanung (SWR Aktuell 2017). Ein ›erster Spatenstich‹ für die innerstädtischen Strecken steht noch aus.
41. »Warum ich die Straßenbahn nehme? Wollen Sie mich verarschen? Die Straßenbahn nehmen? Das ist normal!«.
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